Zweites Forum 2017

Schwerpunktthema: Das neue Mindestsicherungs-Gesetz und seine Auswirkungen

Einladung (pdf, 63 kB) – Forumstext (pdf, 101 kB)

Das zweite Dialogforum fand am 10. 10. 2017 im Pfarrheim Hatlerdorf in  Dornbirn statt.
40 Personen aus 20 Vorarlberger Organisationen, Gruppen und Dienststellen, die  mit dieser Thematik unmittelbar beschäftigt sind, nahmen daran teil. Sie setzten sich nach einem Impulsreferat von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Caritas mit den Auswirkungen des neuen Mindestsicherungsgesetzes auf die Betroffenen auseinander.

Die wichtigsten Erkenntnisse und Schlussfolgerungen sind im folgenden Forumstext formuliert:

Die Gesetzesänderungen bringen sowohl für die einheimische Bevölkerung als auch in verstärktem Maße für geflüchtete Menschen Nachteile mit sich:

  • Die gedeckelten Wohnbedarfssätze treffen zwar nicht nur Familien, fallen bei diesen aber besonders ins Gewicht. Weil die Kinderrichtsätze ab dem vierten Kind gestaffelt immer weniger werden, sind insbesondere größere Familien doppelt von Kürzungen betroffen.
  • Die Vermischung der Unterstützung für Wohnbedarf und Lebensunterhalt führt dazu, dass aufgrund der steigenden Mietkosten ein Teil des Geldes, das eigentlich für Nahrung, Kleidung usw. verwendet werden sollte, für die Miete verwendet werden muss.
  • Durch die gekürzten Leistungen werden die gesetzlich vorgesehene soziale und kulturelle Teilhabe sowie die Integration in die Gesellschaft erschwert.
  • Von der „Sachleistung Unterkunft“ und der erweiterten Möglichkeit „Sachleistungen statt Geldleistungen“ zu vergeben sind vornehmlich bleibeberechtigte Flüchtlinge betroffen.

Erste Auswirkungen zeigten sich bereits, hieß es in der Tagung des Dialogforums. Große Familien sind aufgrund der neuen BMS-Richtsätze gefährdet, ihre Wohnungen zu verlieren. Dies birgt die Gefahr, weiter in der Armutsspirale nach unten zu rutschen, anstatt – entsprechend der Intention des Mindestsicherungsgesetzes – einen Weg aus der Armut zu finden.

Die TeilnehmerInnen des Dialogforums appellieren an die Behörden, Ermessensspielräume dieser gesetzlichen Regelungen zugunsten der geflüchteten Menschen zu nutzen. Oft sei vorab auch für die BeraterInnen der Hilfsorganisationen nicht abzusehen, in welchem Umfang welche Leistungen bewilligt werden. Dies führt zu großer Unsicherheit bei den Betroffenen.

Handlungsbedarf sieht das Dialogforum aber auch in anderen Bereichen:

  • Für AsylwerberInnen soll der Zugang zum Arbeitsmarkt geöffnet werden. AsylwerberInnen warten im Durchschnitt nun schon seit zwei Jahren auf einen Bescheid. Arbeit würde die zermürbende Zeit des Wartens erträglich machen, die Arbeitskompetenz verbessern und die Integration fördern.
  • AsylwerberInnen sollen die Möglichkeit haben, in allen Berufsfeldern eine Lehre zu absolvieren. Der Zugang zu Schnupperlehren und Praktika soll erleichtert werden.
  • Für die Bleibeberechtigten sollen verstärkt passende Bildungsangebote geschaffen werden, um die Chancen auf Arbeit zu steigern und auch längerfristig einem Arbeitsplatzverlust vorzubeugen.
  • Die TeilnehmerInnen des Dialogforums berichteten über erfolgreiche private und betriebliche Patenschaften. Diese sollen gefördert und unterstützt werden.
  • Generell sollen Motivation und Eigeninitiativen der geflüchteten Menschen weit mehr unterstützt werden.

Nach wie vor besteht ein beeindruckendes Engagement von Firmen, Gruppen und Privatpersonen, deren Initiativen nachdrücklich begrüßt und gewürdigt wurden. So gibt es in Vorarlberg mehrere Firmen, die Bleibeberechtigte in unterschiedlicher Weise unterstützen, zum Beispiel durch individuelle Deutschkurse. Auch Unterstützungen im Bereich Bildung wurden sehr begrüßt. Als Beispiel wurde die individuelle Begleitung zum Pflichtschulabschluss beim Projekt „Albatros“ der Offenen Jugendarbeit Dornbirn genannt.